Ralf Wagner

 
   
 

Junckers Euro-Visionen

zu: Der Luxemburger Ministerpräsident warnt Euro-Skeptiker ... (9.3.98)

Eigentlich ist es allein schon schlimm genug, miterleben zu müssen, wie die Politiker (aller Parteien) den Euro durchpeitschen, ohne auf Einwände zu hören oder in solch einer grundlegenden Frage gar Mehrheiten in der Bevölkerung zu suchen. Doch nun muß man sich ob der eigenen Ohnmacht auch noch verhöhnen lassen. "Populismus" nennt Jean-Claude Juncker das, was passiert, wenn es mal einer aus der Politiker-Riege wagt - aus welchen Gründen auch immer - daran zu erinnern, daß die Zustimmung zur Währungsunion immer schwächer, das Risiko immer deutlicher und die Bereitschaft, für die Politikerträume Opfer zu bringen immer geringer wird. "Wer dem Wähler hinterher läuft, sieht den Wähler nur von hinten" formuliert er sein demokratisches Credo.

Mag sein, daß sich im Großherzogtum Luxemburg ein mittelalterliches Staatsverständnis erhalten hat und Herr Juncker, dem es offenbar in seinem Land zu eng wird, nun erst europäische Erfahrungen in Sachen Demokratie sammeln muß. Das sollte er rasch tun, denn sonst wird dem Unmut über den Euro der Unmut über die Europäische Union folgen. An den Fundamenten eines solchen Unmuts hat er denn schon fleißig mitgebaut. Wenn es z.B. darum geht, den Bankenstandort Luxemburg zu schützen, zeigt sich dessen Ministerpräsident - selbst Banker - ganz und gar nicht vom europäischen Einigungsgeist durchströmt. Und da im Europäischen Rat das Veto der 370 000 Luxemburger ebenso viel gilt wie z.B. das der 80 Millionen Deutschen, hat Herr Juncker mit seiner Zurückhaltung auch ganz gute Chancen. Zum Ausgleich kann man dann ja von anderen mehr europäische Gesinnung und Wagemut einfordern - und dabei auch mal ein wenig flunkern. "Eine Transfer-Union sei so unwahrscheinlich wie eine Hungersnot in Bayern" meint er. Doch diese Transfer-Union gibt es bereits, 60 Prozent der Nettozahlungen der EU werden vom deutschen Steuerzahler finanziert und das wird auch bei den künftigen Belastungen der EU, z.B. aus der Währungsunion, so bleiben. "Dies sei ungerecht, das wissen alle in Europa", räumte Juncker in einem n-tv Gespräch scheinheilig ein, aber leider könne man da zumindest bis 2004 nichts machen. Na so ein Pech aber auch.

Man kann nur hoffen, daß wir Herrn Juncker noch öfters hören ihm dadurch die Wähler davon laufen. Dann sieht er sie auch von hinten und da er es ja ablehnt, ihnen hinterherzulaufen, wird er wohl allein bleiben mit seinen Vorstellungen von einem europäischen Politbüro - vorausgesetzt natürlich, wir Europäer bekommen mal die Chance, darüber abzustimmen.

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