Ralf Wagner
[20.5. 2001]

Pilotenstreik

Die Forderungen der Piloten sind drastisch, ihr Verhalten ist unsolidarisch. Und trotzdem handeln sie richtig. Mit ihrem Arbeitskampf offenbaren sie zwei gut gepflegte Lügen der deutschen Konsens- und Korperationskultur.
Zum einen wird deutlich, daß die immer wieder als Schreckgespenst ausgemalte Globalisierung keineswegs zu sinkenden Löhnen führen muß. Ganz im Gegenteil. Vorausgesetzt natürlich, es handelt sich um wettbewerbsfähige Jobs.
Zum anderen beenden die Piloten für sich eine Solidarität, die erzwungen war und über deren Geschäftsbedingungen allein das Weltbild der Gewerkschaftsspitzen entschied. Und die nahmen leistungsstarke Berufsgruppen wie selbstverständlich und natürlich ohne Dank in die Pflicht , um mit diesem Pfand in der Hand phantasiereich alle möglichen Wohltaten verteilen zu können.
Ein Prinzip, daß keineswegs auf die höheren Einkommensgruppen begrenzt ist und auch unter umgekehrten Vorzeichen funktioniert. Im öffentlichen Dienst findet es wohl seine vollkommenste Ausprägung. Regelmäßig werden dort Müllarbeiter und Krankenpfleger an die Streikfront geschickt, während die wirklichen Profiteure der daraus resultierenden Gehaltserhöhungen vor allem unter den Chefdompteuren der Umlaufmappen zu finden sind, deren eigener Streik wohl erst nach Jahren bemerkt werden würde. Ein Blick in den Bundesangestelltentarif offenbart obendrein, wie die Gewerkschaft in jahrzehntelanger Kleinarbeit dafür gesorgt hat, daß Lebensalter, Familienstand und Kinderzahl das Gehalt weit stärker bestimmen als etwa die Leistung.
Wenn die Piloten etwas dazu beitragen, dies zu verändern, haben sie sich ihre Gehaltserhöhungen wahrlich verdient.

[20.5.2001]

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