Ralf Wagner

Biedenkopfmodell: Ja - aber bitte für alle
Nur wenn die Politiker mit gutem Beispiel vorangehen hat eine Rentenreform eine Chance


Weil die Rentenkassen immer leerer werden und möglicherweise irgendwann zwischen 2015 und 2030 völlig kollabieren, überschlagen sich die Politiker gerade medienwirksam mit Sanierungsmodellen.

Die Staatskassen, aus denen auch die Beamtenpensionen und die Ruhegelder der Politiker - auch der, die sich derzeit in Sachen Rente profilieren, - gezahlt werden, sind schon h e u t e nicht nur leer sondern sogar maßlos überschuldet. Doch wo sind hier die Reformmodelle? Wer spricht hier von Niveauabsenkung, späterer Pensionsgrenze, mehr Eigenverantwortung und größerer Selbstbeteiligung? Ganz im Gegenteil. Die Pensionsleistungen für Politiker und Beamte, die selbst nicht einmal einen eigenen Beitrag zur Altersvorsorge leisten müssen, sind offensichtlich tabu.

Wer aber Verantwortung für das Gemeinwesen trägt und diesem so dramatische Veränderungen und Verunsicherungen wie dem gleichzeitigen Umbau aller sozialen Sicherungssysteme verordnet, d a r f sich nicht selbst davon ausnehmen und muß, will er wirklich glaubhaft sein, mit gutem Beispiel vorangehen.

Wie wäre es denn da, das Rentenmodell des sächsischen Ministerpräsidenten Biedenkopf auch auf Beamte und Politiker anzuwenden: eine steuerfinanzierte Grundrente für alle. Es ist doch diesem Personenkreis wohl zuzumenten, alle zusätzlichen Kosten der Altersvorsorge aus ihrem nicht unbedeutenden und im Falle der Beamten berufslebenslänglich sicherem Einkommen selbst zu bestreiten. Genau das empfehlen sie dem "Rest" der Gesellschaft ja auch.

Dies ist nicht nur für die Zukunft gerechter, es beendet auch den unerträglichen Zustand, daß sich Beamte und Politiker durch die Verlagerung allgemeiner Kosten als sogenannte versicherungsfremde Leistungen in die Rentenkassen selbst von diesen Aufwendungen entlasten und sie den Versicherten und der Wirtschaft auferlegen. Mag sein, daß Kurt Biedenkopf sein Modell so weit nicht hatte ausdehnen wollen, von der Frage, ob man sich selbst mit ins Boot des Umbaus setzt, wird letztlich aber Glaubwürdigkeit und Erfolg der Reformen in Deutschland abhängen.

April 1997


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