Kapitel 18 |
Ralf Wagner Leitfaden
Volkswirtschaftslehre © 1996-2009 « AM 17 | Übersicht | PDF-Druckversion | Übungsaufgaben | AM 19 » |
|
18.
Europäische Union und Europäischer Binnenmarkt |
||
EU EG EGKS EWG Euratom |
Die
Europäische Union (EU) ist durch
den Vertrag von Maastricht (1992) im Jahre 1993 aus den Europäischen
Gemeinschaften (EG) hervorgegangen. Diese wiederum
faßten seit der Verabschiedung der Einheitlichen
Europäischen Akte 1986 die sog. Gründungsgemeinschaften
zusammen. Dabei handelt es sich um die 1952 gegründete
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS,
auch Montanunion genannt), welche nach Ablauf des auf 50
Jahre geschlossenen Vertrages 2002 im Gemeinschatsrecht
aufgegangen ist, die durch die Römischen Verträge von
1957 geschaffene Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG
- gilt als eigentlicher Ursprung der heutigen EU) und die
ebenfalls 1957 geschaffene Gemeinschaft Euratom (Gemeinsame
Atomenergie-Behörde, früher Atom-Gemeinschaft) . Die heutige Europäische Union besteht aus den drei Säulen (I) Europäische Gemeinschaft (EG), (II) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und (III) Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS). Dabei kommt der EG als durch den EG-Vertrag (EGV) geregelten wirtschaftlicher Säule besdondere Bedeutung zu. Im gegenwärtigen Prozess der Neuregelung der Arbeitsweisen und Verantwortlichkeiten (auch Verfassungsprozess genannt) ist die Neuzuordnung von Verträgen und Vertragsbestandteilen vorgsehen. |
|
Binnenmarkt Grundfreiheiten Agrarmarktordnung Euro |
Gründungsziel
der EWG war neben der Agrarmarktordnung die
Schaffung eines einheitlichen Europäischen
Binnenmarktes. Dieser soll durch einen großen und
transparenten Markt die Produktivität innerhalb der
Gemeinschaft erhöhen, die Konkurrenzfähigkeit
europäischer Produkte verbessern und den Wohlstand der
Gemeinschaft heben. Das Binnenmarktprogramm beruht auf den vier Grundfreiheiten (Freiheit des Waren- und des Dienstleistungsverkehrs, freier Kapitalverkehr, freier Personenverkehr). Mit der 1999 in zunächst 11 Ländern gestarten und derzeit in 15 Ländern abgeschlossenen Einführung des Euro als Währung wurde die Markttransparenz wesentlich erhöht und der Zahlungsverkehr (SEPA) vereinfacht. Gemeinsame gefunden Prinzipien für den Binnenmarkt und nationalstaatliche Regelungen und Interessen stehen aber dennoch oft genug im Widerspruch. |
|
Mit der allerdings mit Einschränkungen vorgenommenn Aufnahme Bulgariens und Rumäniens umfasst die EU seit 2007 27 Staaten (1952:6, 1973:9, 1981:10, 1986: 12, 1995: 15, 2004: 25). Zahlreiche Länder sind mit der EU assoziiert (z.B. AKP-Staaten) bzw. haben mit ihr Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und den Handel zum Beispiel im Europäischehn Wirtschaftsraum (EWR, EU und EFTA-Länder) geschlossen. Die Türkei, Kroatien und Mazedonien haben den Status von Beitrittskandidaten. | ||
Supranationalität Europ. Rat Ministerräte Kommission der EU
|
Da die EU als supranationale Organisation (Bezeichnung insbesondere angewandt auf EG) aus einzelnen souveränen Mitgliedsländern besteht, werden die Geschicke der Staatengemeinschaft auch durch die gewählten Vertreter dieser Länder bestimmt. An erster Stelle steht der Europäische Rat, bestehend aus den Regierungs- bzw. Staatschefs (F). Er entscheidet über Grundfragen der Entwicklung der Union. Der Vorsitz, die Ratspräsidentschaft wechselt halbjährlich unter den Mitgliedern. Fachfragen werden durch den Ministerrat bzw. den Rat der Europäischen Union beraten und entschieden, dem die jeweiligen Fachminister angehören und in dem bei Grundsatzfragen das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Alle anderen Entscheidungen werden mit qualifizierter Mehrheit (gewichtete Stimmen der Mitgliedsländer getroffen. Die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge organisiert und überwacht die Umsetzung der Aufgabenstellungen der Union. Der Europäische Gerichtshof hat die Aufgabe, bei der Auslegung und Anwendung der Verträge für die Wahrung des Rechts zu sorgen, der Rechnungshof kontrolliert die ordnungsgemäße Mittelverwendung. Wirtschafts- und Sozialausschuß (Vertreter der Sozialpartner und anderer Interessengruppen) sowie der Ausschuß der Regionen (Vertreter der Gebietskörperschaften) ergänzen die Organe der EU. Die Rechte des Europäischen Parlaments wurden durch den Maastrichter Vertrag gestärkt und umfassen neben der Mitwirkung an der Willensbildung in der Union die Haushaltskontrolle und die Kontrolle der Kommission. Da die Stimmengewichte der Ländern in den einzelnen Gremien nicht den wirklichen Einwohnerproportionen entsprechen, wird oft von einem Demokratie-Defizit gesprochen. |
|
Die
Finanzierung der EU erfolgt ohne Kreditaufnahmen durch
Eigenmittel der Mitgliedsländer. Nach ihrer Herkünft
waren das 2007 Zuführungen der Mitgliedsländer nach
ihrem Bruttonationaleinkommen (68,2%),
Umsatzsteueranteile (16,1%) und sog traditionelle
Eigenmittel (Agrarzölle und Zuckerabgaben, 15,8%). Obwohl die Ausagen für den Agrarsektor noch immer den Hauptteil (fast 50%) der Ausgaben ausmachen, sind diese Leistungen auf einzelne neuen Positionen aufgeteilt. |
||
Abb.
18-2: Ausgaben der EU 2008, Gasamtvolumen 120 Milliarden Euro, Daten: Eurostat |
||
Quelle: EU-Kommission 2005 |
Bedingt
durch die einseitige Ausgabenstruktur, welche der
hauptsächlichen Finanzierung durch Mehrwertsteueranteile
gegenübersteht, weisen die einzelnen Mitgliedsländer
unterschiedliche Nettosalden auf. Während Deutschland im
Anteil am BNE (-0,27%), die Niederlande (-0,52%) und
Schweden (-0,3%) beispielsweise Nettozahler sind,
gehören Malta (+2,07%), Griechenland(+2,19%) und Litauen
(+2,35) zu den Nettonehmern. In der Summe ist Deutschland
mit einem Saldo von -6 Milliarden Euro der größete
Nettozahler und Spanien mit +6 Milliarden Euro der
größe Nettonehmer. |
|
ECU EWS Euro |
Lange Zeit wurden die
Geldleistungen in der EU mit der European Currency
Unit (ECU) verrechnet. Dieser setzte sich aus
den Währungen der Mitgliedsländer, gewichtet mit dem
Anteil ihres BIP an dem der gesamten Union, zusammen. Die
Währungen wurden vergleichbar, indem sie täglich mit
ihrem Kurs zu einer Drittwährung, dem US-$, bewertet
werden. Als Zahlungsmittel war der ECU allerdings nicht
verwendbar. Zur Förderung des EU- Binnenhandels und zur
Vorbereitung auf die Währungsunion hatten sich die
meisten Mitgliedsländer zudem im Europäischen
Währungssystem (EWS, seit 1976)
zusammengeschlossen. In diesem System wurden durch
Interventionen der jeweils beiden betroffenen
Zentralbanken die Wechselkurse der Länder gegeneinander
in bestimmten Bandbreiten gehalten. Am 1.1. 1999 löste der Euro den ECU ab und wurde gleichzeitig nach dem Maastrichter Vertrag zur gemeinsamen Währung der EU- Mitgliedsländer. Bis zur Bargeldeinführung am 1.1. 2002 existierte der Euro als System fester Wechselkurse, als Einheit zur Kapitalbewertung und als unbares Zahlungsmittel. Derzeit2009 gehören dem Euroraum 16 Länder an. Voraussetzung für den Eintritt weiterer Währungen ist die Erfüllung sog. Konvergenzkriterien (bestimmte Werte bei Staatsverschuldung, Inflationsrate, Wirtschaftswachstum und Haushaltsdefizit) sowie eine Mitgliedschaft im EWS II, also einer Bandbreitenbindung der jeweiligen Währung an den Euro. |
|
Abb. 18-3 : Entwicklung der EU und des Euro (rot) | ||
Zwar bekennt sich die EU zum freien Welthandel, doch ist insbesondere die Agrarmarktregulierung der Union immer wieder ein Kritikpunkt innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO, früher GATT) und in der Zusammenarbeit mit anderen Staatenbünden (ASEAN, NAFTA usw.). | ||
Werte
2008, Quelle Eurostat, Deutschland 30000 /Kopf |
Wirtschaftliche
Unterschiede prägen die Europäische Union. Vom
durchschnittlichen BNE/Kopf von 26000 Euro weichen
Luxemburg (77000 Euro) und Irland 44000 Euro) am
deutlichsten nach oben sowie Bulgarien (4300 Euro) und
Rumänien (6100 Euro) nach unten ab. Die Regionen der EU wachsen unterschiedlich schnell. Dies führt derzeit zu einer stärkeren Differenzierung der Pro-Kopf-Einkommen. |
|
Related Links | ||
« AM 17 | Übersicht | PDF-Druckversion | Übungsaufgaben | AM 19 » |