Ralf Wagner
[20.7. 08]

Mitbestimmung heißt auch Verwantwortung tragen
"Instrument im Zwielicht" von Hermann Rudolph Tagesspiegel vom 16.7. 08
http://www.tagesspiegel.de/meinung/leserbriefe/Leserbriefe;art144,2575914

Nein, ins Zwielicht geraten ist nicht der Bürgerentscheid als Instrument für mehr direkte Demokratie ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil. Gerade „Mediaspree versenken“ mit seinem eindeutigen Ergebnis verdeutlicht nur die Probleme, um die sich diese Stadt – und nicht nur die – über Jahrzehnte herum gemogelt  hat.
Erstens erfordert Demokratie eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten. Die hat Berlin nicht, wie u.a. der Dauerbrenner „politisches Bezirksamt“ beweist. Eine klare Zuständigkeit des Senats für Mediaspree hätte ein Volksbegehren auf Landesebene erfordert, welches wegen Aussichtslosigkeit nie zustande gekommen oder aufgrund zu geringer Beteiligung gescheitert wäre.
Zweitens, und das wiegt eigentlich viel schwerer, war das Ergebnis doch wohl zu erwarten – im (Teil-) Bezirk der steuerfinanzierten Selbstverwirklicher. Jahrzehntelang verachten und verhöhnen dort viele Aktivisten genau diejenigen, von deren Arbeit und Einkommen sie durchaus auskömmlich leben. Die Auseinandersetzung mit dieser Form  sozialer Ungerechtigkeit wird, aus welchen Gründen auch immer, auch in dieser Stadt nicht geführt. Bei „Mediaspree versenken“ kann man doch sehr wohl vermuten, dass das eigentlich heißen soll „Wozu brauchen wir neue Arbeitsplätze? Mehr Geld vom Staat und mehr Freiraum für Ruinenkultur und Piratendörfer sind besser!“ und „Spreeufer für alle“ bedeutet vermutlich doch recht egoistisch nur „Spreeufer für uns“. Ganz in diesem Sinne fordert nun auch der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, dass der Senat das Votum des Bezirkes respektieren solle – die Kosten z.B. für Schadensersatz aber das Land und damit alle Berliner zu tragen hätten.
Nur so kann Demokratie eben nicht funktionieren! Wer entscheidet, muss auch für die Konsequenzen gerade stehen und darf nicht andere zur Kasse bitten.  Wenn der Regierende Bürgermeister nun bei seiner Linie, jede Verantwortung des Landes infolge des Bürgerentscheides zurückzuweisen, bleibt und die Friedrichshain-Kreuzberger mit den  Folgen Entscheidung leben müssen, dann wird er der Demokratie im allgemeinen und dieser Stadt im besonderen  einen sehr, sehr großen Dienst erwiesen und Bürgerentscheide vom Zwielicht befreien.

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